• 14.08.2025
  • Fachbericht

Über die Alpen zum Gipfeltreffen im Tal: der EUROGUSS Executive Circle 2025

Benni Jung kam nicht einfach an – er setzte ein Zeichen. In vier Tagen hatte er auf seinem Gravelbike 770 Kilometer hinter sich gebracht und 6.500 Höhenmeter überwunden: vom hessischen Marburg zur Villa Gallarati Scotti bei Mailand. Er brachte Energie mit für die Druckgussbranche, für einen Executive Circle, der zeigen wollte: Wer Wandel will, muss dafür alles geben.

Geschrieben von Editors EUROGUSS 365

Kein Flug, kein Zug – nur Muskelkraft, Willenskraft und der feste Entschluss, nicht nur über Wandel zu reden, sondern ihn rechtzeitig zu erreichen. Das hatte Jung, Mitglied der Geschäftsleitung beim Formenbauer Heck & Becker, motiviert. Ziel der Tour war der Ort, an dem sich die europäische Druckgussbranche traf, um gemeinsam an einer neuen Richtung zu arbeiten. „Raus aus der Komfortzone, rein in den echten Dialog“, wie es Andre Weißbenner, CEO bei Heck & Becker, formulierte, der derweil die Konferenzbekleidung seines Kollegen nach Mailand brachte, die in der Satteltasche des Fahrrads sicher sehr gelitten hätte. Benni Jungs Ankunft war mehr als ein sportlicher Kraftakt – sie wurde zum Sinnbild für den Spirit dieser Veranstaltung.


„Weniger Vergangenheit, mehr Zukunft“

Der EUROGUSS Executive Circle war von Anfang an nicht als Debattierclub gedacht. In diesem Jahr wurde klar: Wer über Druckguss spricht, muss auch gestalten wollen. Über 70 Entscheiderinnen und Entscheider aus ganz Europa – Gießer, Maschinenbauer, Formenbauer und OEMs – kamen zusammen, nicht um zu klagen, sondern um konkret zu werden. „Weniger Vergangenheit, mehr Zukunft“ lautete das Motto. Und selten passte es so gut wie in diesem Sommer in der Lombardei.

Die Themen? Brisant. Der Ton? Offen und wertschätzend. Der Tenor? Hoffnung ist keine Strategie. Stattdessen: Tempo, Lösungsorientierung, Umsetzung.

In Keynotes und Workshops ging es um Künstliche Intelligenz, neue Geschäftsmodelle, vorausschauende Instandhaltung, Servitization und Nachhaltigkeit – Schlagworte, die andernorts oft in Präsentationen verhallen. In Mailand hingegen wurden sie in offener Diskussion mit konkreten Ansätzen verknüpft. Besonders wichtig war dabei der Austausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette: OEMs, Gießereien und Ausrüster diskutierten gemeinsam über die aktuellen Herausforderungen der europäischen Marktlage – direkt und auf Augenhöhe.

 

Neue Wege, neue Allianzen

„Der EUROGUSS Executive Circle hat sich erneut als zentrale Plattform für strategische Weichenstellungen bewährt. Wir schaffen hier keine weitere lose Gesprächsrunde oder Vortragsveranstaltung, sondern eine Community, die sich mit konkreten Projekten, Ideen und Kooperationen aktiv für die Zukunft der europäischen Druckgussindustrie einsetzt“, erklärt Christopher Boss, Executive Director der EUROGUSS. Dass das ankommt, zeigen auch die vielen positiven Rückmeldungen, die das EUROGUSS-Team bereits während der Veranstaltung und danach erreicht haben.

Statt um Worst-Case-Szenarien ging es um neue Wege. Wie lässt sich durch Innovation die Abhängigkeit von volatilen Märkten verringern? Welchen Vorsprung kann die Branche mit AI erreichen? Welche Allianzen braucht es, um als europäische Industrie wieder selbstbewusster aufzutreten? Fragen, die in der Branche schon lange schwelen – in Mailand wurden sie offen diskutiert.
Dazu passten auch die praxisnahen Workshops – etwa von Kai Dippe zu konkreten Anwendung von KI – nicht nur mit einer technologischen Sicht, sondern mit dem Mitarbeiter im Blick. Oder von Katharina Krimmer zur Sichtbarkeit durch B2B-Marketing, das nicht mehr als Beiwerk, sondern als strategischer Hebel verstanden wird. Das verändert Kommunikation und Selbstverständnis eines Unternehmens und einer Branche.

„European Diecasting Network“

Ein konkretes Ergebnis des Executive Circle: das „European Diecasting Network“ (EDCN). Über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschlossen, dieses Netzwerk nicht nur zu gründen, sondern direkt mit Inhalten zu füllen. Für Siegfried Heinrich, Geschäftsführer von Schaufler Tooling, war das „mein persönliches Highlight“. „Die sehr offene und ehrliche Diskussion zwischen OEM, Gießern und Equipment-Lieferanten zur herausfordernden Marktsituation in Europa sowie erste Ansätze, wie wir als Druckgussnetzwerk diese gemeinsam erfolgreich gestalten können, war für mich das wichtigste Thema“, so Heinrich.

Für mich war es der klare Fokus auf Zukunftsfähigkeit – technologisch, organisatorisch und kulturell“, sagt Weißbenner. Und weiter: „Es ging nicht darum, bestehende Strukturen zu beschreiben, sondern gemeinsam neue Wege zu denken.“ Der Anfang ist gemacht – und das mit einem Anspruch, der über Networking hinausgeht: mehr Lobbyarbeit, mehr Austausch, mehr Europa.

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Atmosphäre des Vertrauens

Auch organisatorisch verändert der Executive Circle von Anfang an bekannte Muster. Keine abgehobenen Panels, sondern Dialogformate, die Nähe ermöglichten. „Das intime und gut kuratierte Format schuf eine Atmosphäre des Vertrauens und der Inspiration“, erklärt Tiziana Tronci, Leiterin Produktentwicklung und Board Member bei Gefond. 

Diese Atmosphäre führte dazu, dass sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer jenseits der offiziellen Programmpunkte begegneten – sei es beim morgendlichen Frühsport, auf den Wegen zwischen den Sessions oder beim Abendessen im Garten der Villa. Es sind auch die Zwischenräume, in denen Ideen Form annehmen.

Der Impuls von Prof. Dr. Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management, setzte dafür einen passenden Rahmen. Seine Botschaft: Die Branche kann mehr, wenn sie will. Sie muss nur wollen und handeln.


Zukunft ist Teamarbeit

Zukunft ist Teamarbeit – das wurde in der Villa Gallarati Scotti zum Grundverständnis: weg vom Silodenken, hin zur echten Wertschöpfungskette, vom Rohstoff über die Maschine bis zum fertigen Produkt. Dass sich eine Industriebranche dafür einen Raum schafft – ohne Konkurrenzdenken, aber mit Tiefgang –, ist nicht selbstverständlich.

Dazu trugen auch Formate bei, die Mut zur Lücke zeigten: Diskussionen ohne vorgefertigte Ergebnisse, Spaziergänge statt Folien-Marathons, Begegnungen auf Augenhöhe. „Strategisches Denken, persönliche Beziehungen und Branchenvision – dafür schafft der Circle einen seltenen Raum“, so Tronci.
Die Teilnehmenden nahmen aus Mailand mehr mit als nur Visitenkarten. Es war ein Impuls, der im Kopf bleibt – und der hoffentlich in vielen Unternehmen nachwirkt. Denn der Wandel der Branche passiert im Alltag – und dort braucht es Menschen, die ihn tragen.

Der Executive Circle ist ein Ort, an dem man weiterdenkt und weitergeht. Der nächste Termin steht: 1. bis 2. Juli 2026. Der Ort ist noch offen, aber die Richtung ist klar. Wer mitreden will, sollte bereit sein, sich zu bewegen – im Denken, im Handeln und, wenn es hilft, auch mit dem Rad über die Alpen. Benni Jung hat's vorgemacht.

Fahrradfahrer zeigt Daumen nach oben
CR: Benni Jung

Am Splügenpass auf rund 2.100 Metern erreichte Benni Jung den höchsten Punkt seiner Tour.

Stefan Bratzel lieferte mit seiner Keynote wichtige Impulse.

Besprechungsraum mit vielen Leuten
CR: Francesco Mion
Christopher Boss, Siegfried Heinrich, Martin Lagler
CR: Francesco Mion

Christopher Boss, Executive Director der EUROGUSS (r.), im Gespräch mit Martin Lagler (Bühler) und Siegfried Heinrich (Schaufler Tooling).

Die Teilnehmer hatten reichlich Gelegenheit, sich auch jenseits der offiziellen Programmpunkte zu begegnen.

Männder die lachebn
CR: Francesco Mion
Eine Villa in Mailand
CR: Francesco Mion

Beim Executive Circle in der Villa Gallarati Scotti kam die Druckgussbranche einen wichtigen Schritt voran.

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EUROGUSS 365
Editors EUROGUSS 365
euroguss365@nuernbergmesse.de