Zu Gast war Professor Martin Fehlbier, Leiter des Gießereiinstituts der Universität Kassel und Initiator des ersten Internationalen Giga-Casting-Kongresses, der vor einigen Wochen stattgefunden hat. Was folgte, war keine Lobhudelei auf große Maschinen – sondern ein differenziertes Gespräch über Chancen, Risiken und Alternativen. Eine Einladung zum Nachdenken.
„Ich denke, es ist ein dramatischer Wandel in der Produktion“, so Martin Fehlbiers Einschätzung zum Giga-Casting.
„Heute können wir Hunderte von Teilen durch ein einziges Bauteil ersetzen – das verändert viel. Aber es ist kein Selbstläufer. Es hängt vom Teil ab, vom Prozess, vom Umfeld. Man muss sich genau fragen: Was ergibt wirtschaftlich und technisch wirklich Sinn?“
Große Maschinen, große Fragezeichen
Der Markt für große Strukturbauteile wächst rasant – vor allem in Asien. In China werden 8.000- bis 9.000-Tonnen-Maschinen fast im Monatsrhythmus installiert. In Europa hingegen herrscht Vorsicht. Fehlbier erkennt in dieser Zurückhaltung keinen Nachteil, sondern strategische Klugheit:
„Volkswagen zum Beispiel sagt: Die Maschine muss zum Bauteil passen. 4.800 bis 6.000 Tonnen reichen für viele Anwendungen völlig aus. Und große Bauteile lassen sich auch fügen – man muss nicht alles auf einmal gießen.“
Niklas und Zetterström machten deutlich, dass sie den Hype ums Giga-Casting mit Skepsis betrachten – nicht wegen des damit verbundenen technischen Fortschritts, sondern wegen der Verengung der Debatte. „Es wird zu viel über Maschinengewichte gesprochen“, so Zetterström, „und zu wenig über Produktivität, Prozessqualität und Alternativen.“
Niklas ergänzt: „Die entscheidende Frage ist doch: Wie sieht der Gesamtprozess aus – und was bekomme ich aus der Maschine am Ende tatsächlich heraus?“
Jenseits der Gigamaschine: Rheo- und Thixocasting
Besonders interessiert zeigten sich die Podcaster an Verfahren wie Rheocasting und Thixocasting – Technologien, die in Fachkreisen bekannt sind, aber im Schatten der Giga-Casting-Debatte oft übersehen werden.
Auch Fehlbier sieht in diesen Ansätzen großes Potenzial: „Rheocasting ist eine sehr gute Alternative für die Zukunft. Sie können damit dieselben Teile auf 30 bis 40 Prozent kleineren Maschinen produzieren. Das spart Kosten, verringert Werkzeugverschleiß und reduziert Schmelztemperatur sowie Füllgeschwindigkeit. Aber man muss bereit sein, dazuzulernen.“
Niklas warnt davor, voreilige Urteile zu fällen: „Wenn man ein neues Verfahren mit alten Werkzeugen testet, funktioniert es eben nicht. Aber das liegt nicht an der Technik – sondern daran, dass man sie nicht richtig vorbereitet hat.“
Die Vorteile liegen nach seiner Ansicht auf der Hand: weniger Energie, geringerer Druck, geringere Anforderungen an das Werkzeug. Gerade für mittelständische Gießereien mit begrenzten Investitionsbudgets könnten diese Verfahren eine realistische Alternative zur Gigamaschine sein.