Die Materialknappheit und ihre Folgen
03.02.2023 Branche & Märkte News

Die Materialknappheit und ihre Folgen

Die Materialknappheit in der Industrie nimmt ab, doch die Corona-Krise und der Ukraine-Krieg hinterlassen Spuren. Unternehmen ist bewusst geworden, dass sie ihre Lieferketten und Produktionsstandorte diversifizieren müssen. Nur das sichert ihnen Unabhängigkeit von lokalen Herausforderungen. Der Fokus verlagert sich vermehrt auf Europa und EU-Nachbarländer.

Eine Frau und ein Mann besprechen eine Maschine

In einer aktuellen Umfrage zur Materialknappheit des ifo Instituts, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V., berichten 48,4 Prozent der befragten Unternehmen von Engpässen. Im Dezember 2022 waren es noch 50,7 Prozent. Im Maschinenbau und in der Autobranche ist die Lage nahezu unverändert geblieben, während in der Metallerzeugung und -bearbeitung der Wert sogar um 7,4 Prozent gesunken ist. Das sei so niedrig wie vor Beginn der Knappheitskrise, berichtet das ifo Institut. 

„Aufgrund der sich abzeichnenden milden Winterrezession wäre ein stärkerer Rückgang wünschenswert gewesen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Viele Unternehmen können ihre hohen Auftragsbestände nur langsam abarbeiten.“ Die Materialengpässe seien außerdem stark von lokalen Entwicklungen, wie der Corona-Lage in China, abhängig.  

Unabhängigkeit durch vielfältige Geschäftsbeziehungen

Chinas strikte Covid-Politik legte mehr als sieben Wochen den weltweit größten Containerhafen in Shanghai lahm. Der Hafen ist ein wichtiger Knotenpunkt für Lieferungen nach Deutschland. Insgesamt waren über 50 Megacitys von Lockdowns betroffen. Energieabschaltungen in Produktionen und chinesische Handelsbeschränkungen belasteten zusätzlich die Geschäftsbeziehungen und Lieferketten.

Deutschland bezieht aus keinem Land mehr Waren als aus China. Allein im Jahr 2021 importierte Deutschland Ware im Wert für 142 Milliarden Euro. Die Folgen der lokalen Herausforderungen machten deutlich, wie abhängig Deutschland von China wirklich ist.
Seitdem suchen Zulieferer und Hersteller nach Alternativen. Immer mehr OEMs beziehen Materialien aus dem Heimatmarkt – und bemühen sich um Diversifizierung ihrer Lieferketten. Viele deutsche Unternehmen orientieren sich nach Europa und in die EU-Nachbarländer. 

Investition in Nachbarländer 

Die Visegrad-Länder – Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn – auch V4-Länder genannt, sind für Einkäufer aus dem Beschaffungsmarkt deutscher Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie punkten mit geografischer Nähe, ausgebauter Transportinfrastruktur und flexiblen Lieferzeiten nach Deutschland. Die Unternehmen in Mittel- und Osteuropa haben ihre Fertigungen optimiert: Zahlreiche Unternehmen beherrschen komplexe Fertigungsprozesse, erfüllen Qualitätsstandards sowie anspruchsvolle Normen – bei wettbewerbsfähigem Preisniveau. Ein weiterer Vorteil: Grenzkontrollen und andere Handelshemmnisse gibt es dank der EU-Mitgliedschaft nicht. 

Neben den V4-Ländern haben Unternehmen auch den Balkan mit vergleichbaren Vorteilen für sich entdeckt. 595 Solutions GmbH, ein Hersteller von Magnesium- und Aluminium-Leichtbaulösungen in Europa, kündigte beispielsweise im Januar 2023 an, seinen Produktionsstandort in Rumänien zu erweitern. Wichtig seien für die Aluminiumgießerei ein effizienter Materialfluss und ein hoher Automatisierungsgrad. Dafür baut der Hersteller seine Hallenfläche von 6.700 Quadratmetern auf 20.000 Quadratmeter aus, in der er neben Aluminiumdruckgussteilen auch Magnesium-Thixomolding-Produkte fertigt.