• 13.11.2025
  • Interview

Aus 123 mach 1: Gigacasting bei VW durch Einsatz von innovativem Drei-Platten-Werkzeug

Volkswagen macht einen Technologiesprung: Wesentliche Bauteile für die neue Electric Urban Car Family werden im konzerneigenen Kompetenz-Center in Kassel im Großgussverfahren hergestellt. Jörg Fenstermann, Werkleiter des Volkswagen Group Components Standorts in Kassel, gewährte EUROGUSS 365 Einblicke in die Großguss-Strategie des Konzerns.
Drei große Aluminium-Druckgussteile auf weißen Podesten, ausgestellt vor einer dunklen Wand mit grafischen Elementen und Text. Die Bauteile sind komplex geformt
VW geht bei den Gussteilen für die Electric Urban Car Family, etwa dem Batterierahmen (Mitte), neue Wege.
Person in einem dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd vor neutral grauem Hintergrund, formelle Business-Kleidung
Jörg Fenstermann, seit 2021 Werkleiter bei Volkswagen in Kassel

Herr Fenstermann, welche Rolle spielt das Großgussverfahren konkret bei den neuen Batteriesystemen der Electric Urban Car Family? Welche Bauteile entstehen dadurch?

Jörg Fenstermann: Das Großgussverfahren – oder Gigacasting – spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der neuen Batteriesysteme der Electric Urban Car Family. Ein wesentliches Bauteil, das durch dieses Verfahren entsteht, ist der Batterierahmen. Was früher aus 123 Einzelteilen bestand, wird heute in einem einzigen, hochintegrierten Großgussteil realisiert. Das reduziert nicht nur die Komplexität, sondern auch die Anzahl der Logistik- und Fügeprozesse drastisch. Dank unserer langjährigen Erfahrung im Bereich des Druckgusses von Strukturbauteilen markiert diese Entwicklung einen bedeutenden Fortschritt und setzt neue Maßstäbe in der Komponentenfertigung.

Welche technologischen Besonderheiten oder Innovationen setzen Sie ein?

Jörg Fenstermann: Um die hohen Anforderungen an Struktur, Sicherheit und Effizienz zu erfüllen, setzen wir erstmals ein innovatives 3-Platten-Werkzeug zur Herstellung des Großgussteils ein. Diese Technologie ermöglicht es uns, die Fließlängen des Aluminiums im Gussprozess zu halbieren und gleichzeitig eine noch höhere Bauteilintegration zu erreichen. Das Ergebnis ist ein besonders maßhaltiges, stabiles und leichtes Strukturbauteil – ideal für die Anforderungen moderner E-Fahrzeuge.
 

Die Batterietechnologien entwickeln sich permanent weiter. Wie passen Sie die Gießerei-Prozesse an, um auch künftige Generationen von Batterien mit passenden Strukturen zu versorgen?

Jörg Fenstermann: Der Druckgussprozess bietet durch die hohe Geometriefreiheit der Formen eine enorme Flexibilität. Das bedeutet: Wir können sowohl kleinere Formanpassungen als auch komplette Neuentwicklungen schnell und effizient umsetzen. So sind wir in der Lage, auf technologische Weiterentwicklungen bei den Batterien jederzeit zu reagieren und die passenden Strukturbauteile bereitzustellen. Auch für kommende Generationen.

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Sie verfolgen eine ehrgeizige Nachhaltigkeitsstrategie. Inwiefern wird ihr bei den Batteriekomponenten Rechnung getragen? Setzen Sie auch Recyclingmaterial ein?

Jörg Fenstermann: Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil unserer Konzernstrategie, das gilt auch für den Batterierahmen für künftige Modelle wie beispielsweise Volkswagen ID. Polo, Cupra Raval und Škoda Epiq. Wir setzen konsequent auf Recyclingmaterial und nutzen einen geschlossenen Materialkreislauf (Closed-Loop-Prozess) für die Produktion unserer Aluminiumdruckgussteile. So reduzieren wir nicht nur den CO₂-Fußabdruck, sondern schonen auch wertvolle Ressourcen.

 


BMW setzt beim neuen iX3 auch für dynamisch belastete Komponenten wie Hinterachsträger oder Räder hohe Anteile von Sekundäraluminium ein. Gibt es bei VW entsprechende Bestrebungen?

Jörg Fenstermann: Die Umweltziele des Volkswagen Konzerns sind klar definiert und wir leisten unseren Beitrag dazu. Wir verfolgen eine klare Strategie zur Verwendung von Aluminiumdruckgusslegierungen mit hohen Anteilen an Sekundäraluminium. Unser Ziel ist es, nicht nur statisch, sondern auch dynamisch belastete Strukturbauteile zunehmend aus recyceltem Material herzustellen, ohne Kompromisse bei Qualität oder Sicherheit.

Großes Aluminium-Druckgussteil mit rechteckigem Rahmen und drei horizontalen Verstrebungen, ausgestellt auf einem weißen Podest vor einer dunklen Wand mit grafischen Elementen und blauem Hintergrund.

Aus einem Guss

Ein zentrales Highlight der neuen MEB+ Plattform von Volkswagen ist der Batterierahmen – der bislang komplexeste Guss im gesamten Konzern. Statt aus 123 Einzelteilen besteht er künftig aus einem einzigen Großgussteil. Mit Abmessungen von 1,7 Metern Höhe und 1,15 Metern Breite markiert er einen Technologiesprung für VW.

Gefertigt wird der Rahmen mithilfe eines Drei-Platten-Werkzeugs, das kürzere Fließwege ermöglicht und so die Prozessstabilität erhöht. Das Ergebnis: zehn Prozent weniger Gewicht pro Teil und rund 15 Prozent geringere Kosten. Der Batterierahmen wird in kommenden Modellen wie dem Volkswagen ID. Polo, dem Cupra Raval und dem Škoda Epiq eingesetzt.