Gussverfahren digitalisieren, Ausschuss vermeiden
19.07.2023 Technologien & Prozesse Fachbericht

Gussverfahren digitalisieren, Ausschuss vermeiden

Große Werkstücke aus Blei-Bronze-Legierungen per Schleuderguss herzustellen, ist energie- und zeitintensiv. Um Fertigungsfehler und teuren Ausschuss zu vermeiden, hat die TH Köln das Gussverfahren in einem gemeinsamen Projekt mit der saarländischen Martin Luck Metallgießerei digitalisiert und die Prozessparameter mittels KI optimiert.

Produkte der Martin Luck Metallgießerei, die im Schleuderguss entstanden sind
„Unser Projektpartner stellt unter anderem Gleitlager für Maschinen im Bergbau her. Die bis zu 1,5 Tonnen schweren Bauteile werden in Kleinstserien produziert. Entsprechend müssen die Maschinenparameter bei fast jedem Teil neu eingestellt werden“, erläutert Danka Katrakova-Krüger, Professorin am Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln. Sowohl die Einstellungen als auch die Dokumentation erfolgten bislang händisch.

Dabei könnte der Schleuderguss von einer digitalisierten und (teil-)automatisierten Fertigung stark profitieren, so die Projektpartner. Bei dem Herstellungsverfahren für Ringe, Scheiben und Rohre wird flüssiges Metall – im konkreten Fall eine Legierung aus Kupfer, Zinn und Blei – in eine um die Mittelachse rotierende Gussform, die sogenannte Kokille, gefüllt. Die Schmelze wird durch Rotation an die Kokillenwand gepresst und härtet dort aus.

Schmelzen, pressen – und nochmal schmelzen?

„Manchmal braucht es drei Anläufe, bis ein Produkt perfekt ist – die Fehlversuche müssen wieder eingeschmolzen werden. Der damit verbundene Energie- und Ressourcenaufwand, die Bindung von Kapazitäten und die langen Lieferzeiten belasten das Unternehmen. KI-gestützte Produktionssysteme können helfen, diese Probleme zu lösen“, sagt Christian Wolf, wissenschaftlicher Leiter des :metabolon-Projekts der Hochschule.
Danka Katrakova-Krüger
Da Blei einen viel niedrigeren Schmelzpunkt als Bronze hat und zudem deutlich schwerer ist, kann es beim Abkühlprozess zu einer inhomogenen Bleiverteilung kommen, die das Produkt untauglich macht.
Danka Katrakova-Krüger, Professorin am Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln
Zunächst untersuchten die Projektpartner, welche Prozessparameter besonders großen Einfluss auf die Verteilung des Bleis im fertigen Werkstück haben. „Da Blei einen viel niedrigeren Schmelzpunkt als Bronze hat und zudem deutlich schwerer ist, kann es beim Abkühlprozess zu einer inhomogenen Bleiverteilung kommen, die das Produkt untauglich macht“, erläutert Katrakova-Krüger. Relevante Parameter seien unter anderem Gießtemperatur, Abkühlbedingungen, Rotationsgeschwindigkeit der Kokille oder Menge und Temperatur des verwendeten Kühlwassers.

Künstliche Intelligenz macht Optimierungsvorschläge

Zudem digitalisierte das Projektteam den bestehenden Maschinenpark, sodass die gewählten Prozessparameter und Maschineneinstellungen automatisch erfasst und mit den Gussergebnissen in Zusammenhang gebracht werden können. Mit diesen Daten wurde dann eine Künstliche Intelligenz trainiert. „In das entstandene System können wir die Geometrie des gewünschten Bauteils eingeben. Die KI schlägt dann relativ zuverlässig Parameter vor, die bei gleichen oder ähnlichen Bauteilen in der Vergangenheit zum Erfolg geführt haben“, so Wolf. 
 
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