Was macht effiziente Kühlkörper aus?
16.03.2023 Technologien & Prozesse Expertenwissen

Was macht effiziente Kühlkörper aus?

Effiziente Kühlkörper zeichnen sich durch ihre Eigenschaften aus. Dazu zählen Wärmeleitfähigkeit, mechanische Belastbarkeit und Korrosionsbeständigkeit. Gleichzeitig muss die Schmelze im Produktionsprozess gießbar bleiben und es dürfen am Ende keine Leckagen entstehen, die die Leistungselektronik gefährden. Die effizientesten Kühlkörper entstehen im Rheocasting. Ein Gastbeitrag von Fabian Niklas.

Kühlkörper

Um zu klären, was effiziente Kühlkörper ausmacht, müssen die Eigenschaften betrachtet werden, welche dafür nötig sind. Zunächst ist die Wärmeleitfähigkeit von entscheidender Bedeutung, um die Wärme von der Quelle abtransportieren zu können. Die mechanischen Eigenschaften müssen ausreichend sein, um die Lasten, die auf das Bauteil wirken, schadenfrei auszuhalten. Der Werkstoff darf nicht korrosionsempfindlich sein, denn Kühlkörper können an den unwirklichsten Stellen benötigt werden. Diese sind oft schwierig zu erreichen, um Fehler auszubessern. Darüber hinaus dürfen keine Leckagen vorhanden sein, denn nichts ist für Leistungselektronik schlimmer als Wasser und Eis auf den Schaltkreisen. Denn wenn die Elektronik versagt, verliert der gesamte Kühlkörper seine Notwendigkeit.

 

Kühlkörper aus reinem Aluminium

Nach dieser Beschreibung wäre es eine Möglichkeit, einen großen Block Reinaluminium zu nehmen und den Kühlkörper daraus zu fräsen. Reines Aluminium hat hervorragende Leitfähigkeiten und eine gute Korrosionsbeständigkeit. Allerdings hat diese Lösung zwei Haken: Diese Fräsarbeiten sind horrend teuer und Reinaluminium hat sehr geringe Festigkeit.

Daher ist Gießen einer geeigneten Legierung die logische Konsequenz. Mittels Druckguss können feine Geometrien und Kühlrippen hergestellt werden. Die im Druckguss typischerweise verwendeten Legierungen bringen jedoch den Nachteil mit sich, dass sie mit sieben bis zwölf Prozent einen eher hohen Siliziumgehalt haben. Das ist ein deutlicher Nachteil für die Wärmeleitfähigkeit.

Die Wärmeleitfähigkeit von Reinaluminium liegt bei circa 220 Watt pro Meter je Kelvin. In Metallen beschreibt das Wiedemann-Franz-Gesetz die Korrelation zwischen der elektrischen Leitfähigkeit und der Wärmeleitfähigkeit. Vereinfacht lässt sich hier sagen, dass ein guter elektrischer Leiter auch ein guter Wärmeleiter ist. Das bedeutet, was den Fluss der Elektronen stört, stört auch die Wärmeleitung.

 

Jedes Atom zählt

Auf atomarer Ebene stört bereits jedes Fremdatom den Fluss der Elektronen im Leitungsband. Auf der Gefügeebene gibt es mehrere Störstellen. Jede Korngrenze, also den Übergangsbereich zwischen zwei Körnern verschiedener Orientierung darstellt, reduziert die Leitfähigkeit. Verschiedene Phasen haben ebenfalls unterschiedliche Leitfähigkeiten. 

Selbst eine besser leitende Phase stört den Fluss durch das Material, da erneut eine Korngrenze vorhanden ist. Einschlüsse und Poren setzen die Leitfähigkeit zusätzlich herab. Aber auch hohe Einsatztemperaturen wirken sich negativ auf die Leitfähigkeit aus. Durch die zunehmende brownsche Bewegung wird die Leitung erschwert

Unter Berücksichtigung aller Faktoren liegt der obere Grenzwert für Druckgussbauteile bei einer Wärmeleitfähigkeit von 150 bis 160 Watt pro Meter je Kelvin. Die typischen Strukturgusslegierungen haben dagegen nur Wärmeleitfähigkeiten von 100 bis 140 Watt pro Meter je Kelvin. Viele Kühlkörper benötigen Wärmeleitfähigkeiten über 170 Watt pro Meter je Kelvin. Andernfalls wird ein Lüfter benötigt.

 

Ideale Leitfähigkeit und Gießbarkeit erreichen

Bei großen 5G-Antennen-Kühlkörpern zieht der warme Luftstrom Wildtiere an, die sich in dem Luftstrom einnisten. Damit lassen sich zwar schneller die Eier der Vögel ausbrüten, doch die Wärmeabgabe an die Umgebung ist massiv gestört. Dies führt zu einer deutlich verkürzten Einsatzzeit, da die Leistungselektronik überhitzt und dann ausfällt. Der Austausch der Antennen in freier Wildbahn ist sehr aufwändig. Sie sind meist an hohen Masten oder unzugänglichen Punkten aufgehängt. Das führt schnell zu Kosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich.

Die Lösung besteht also darin, die Elemente in der Gusslegierung so weit wie möglich zu reduzieren, um die Leitfähigkeit zu erhöhen. Wenn der Siliziumgehalt unter 7 Prozent sinkt, verringert sich jedoch die Gießbarkeit beim Druckguss massiv. 

Wird hingegen Rheocasting eingesetzt, ist zum Beispiel eine Legierung mit 1,7 Prozent Silizium perfekt gießbar. Hier können Spitzenwerte von über 190 Watt pro Meter je Kelvin erreicht werden, während der Durchschnitt bei 170 bis 180 Watt pro Meter je Kelvin liegt. 

Was ist Rheocasting?

Noch zur Erklärung, was Rheocasting ist: Im Druckguss wird aus einem Warmhalteofen flüssiges Metall in die Gießmaschine überführt. Beim Rheocasting wird zwischen Warmhalteofen und Gießmaschine eine Aufbereitungsanlage eingefügt. Dort wird die Schmelze in das Zweiphasengebiet abgekühlt und ein Flüssig-Feststoffgemisch, der sogenannte Semi-Solid Slurry, in die Gießmaschine eingefüllt.

Dabei gibt es verschiedene Verfahren diesen Slurry herzustellen. Die meisten Verfahren arbeiten temperaturgesteuert. Das bedeutet, dass bei produktionsbedingten Schwankungen der chemischen Zusammensetzung manuell das Temperaturintervall neu eingestellt werden muss. Besser ist hier ein Verfahren, welches mit einer frisch hergestellten Aufschmelzmasse arbeitet. Diese hat die gleiche chemische Zusammensetzung und ist daher nicht betroffen von den produktionsbedingten Schwankungen. 

Bessere Wärmeleitfähigkeit dank Rheocasting

Durch die thixotropen Eigenschaften des Semi-Solid Slurrys erreicht er die gleichen oder in der Regel sogar wesentlich bessere Fließeigenschaften als eine flüssige Schmelze. Gerade durch das Einrühren der Aufschmelzmasse entstehen globulitische Feststoffteilchen im Slurry – die darüber hinaus auch noch die Wärmeleitfähigkeit verbessern. Diese bieten auch ideale Voraussetzungen, um eine gute Nachspeisung zu ermöglichen, damit ein poren- und leckagefreies Gussteil entsteht.

Gerade im Vergleich zu den tannenbaumartigen Dendriten im flüssigen Druckguss zeigen sich die Vorteile. So kann durch dieses gute Speisungsverhalten von Rheocasting eine mehrere Millimeter dicke Basis und hohe wie auch dünne Rippen (unter 0,5 Millimeter an der Spitze) gleichzeitig in gutem Zustand gegossen werden. Dies ermöglicht auch das Maximieren der Oberfläche, die zum Wärmeaustausch zur Verfügung steht. Das heißt, es kann mehr Wärme vom Bauteil abgeführt werden.

Die Legierung mit ihrem niedrigen Siliziumgehalt bietet höchste Wärmeleitfähigkeiten. Damit kann über die schlanken Finnen die Wärme schnell abgeführt werden. Durch das hervorragende Speisungsvermögen sind keine Leckagen zu finden. Die Korrosionsbeständigkeit ist gegeben und die mechanischen Kennwerte sind völlig ausreichend. 

Damit ist klar, dass sich die effizientesten Kühlkörper im Rheocasting herstellen lassen.

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Autor

Fabian Niklas

Fabian Niklas

Geschäftsführer

Casting-Campus GmbH