Grundkenntnisse über Druckgießwerkzeuge und Formen
22.03.2019 Technologien & Prozesse Grundlagenwissen

Grundkenntnisse über Druckgießwerkzeuge und Formen

Die Form bestimmt die Konturen eines Druckgussteils und beeinflusst seine Eigenschaften. Dieser Artikel erläutert die grundlegenden Prinzipien, wie die Schmelze geformt werden kann.

Formenbau auf der EUROGUSS 2016. Der Formenbau hat noch ein großes Entwicklungspotenzial, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz additiver Fertigungsverfahren.
Druckguss ist ein Formgebungsverfahren für die Massenproduktion von Teilen aus Aluminium, Magnesium und deren Legierungen. Der Gießprozess findet in Druckgießmaschinen statt, die in Warmkammer- und Kaltkammer-Druckgießmaschinen unterteilt werden. Der Hauptunterschied besteht darin, dass sich bei Warmkammergießmaschinen der Behälter mit dem geschmolzenen Metall innerhalb der Maschine befindet, während im anderen Fall der Behälter außerhalb der Maschine platziert wird. Bei beiden Maschinentypen wird das geschmolzene Metall aus einer Gießkammer durch einen oder mehrere Gießkanäle in den Hohlraum einer Dauerstahlform gepresst, wo es die durch die Form vorgegebene Gestalt annimmt und erstarrt. Diese Druckgussformen bestehen aus zwei Hälften, damit das Gussteil aus der Form entnommen werden kann. Die speiseseitige Formhälfte ist auf einer festen Platte an der starren Seite der Druckgießmaschine montiert, während die auswerferseitige Formhälfte auf einer beweglichen Platte an der anderen Seite angebracht ist. Vor dem Schließen werden die Hälften mit einem Trennmittel besprüht, damit sich das Gussteil später leicht aus der Form lösen lässt und die Platten nicht überhitzt werden. Je nach Größe der Gussteile können bis zu 300 Gießzyklen pro Stunde durchgeführt werden.

Extreme Belastungen

Beim Schließen der Form wird die Schmelze mit einem Druck von bis zu 1.200 bar in die Form gepresst, wobei maximale Formfüllgeschwindigkeiten von 150 m/s (540 km/h) erreicht werden [1]. Um die Formhälften gegeneinander zu pressen und die Formen geschlossen zu halten, sind hohe Schließ- und Zuhaltekräfte erforderlich: bis zu 8.000 kN (800 t) bei Warmkammer-Druckgussmaschinen und bis zu 45.000 kN (4.500 t) bei Kaltkammer-Druckgussmaschinen. Durch den Einsatz solch hoher Kräfte können großformatige Gussteile hergestellt werden. Die dafür verwendeten Formen müssen hinsichtlich Material und Konstruktion so ausgelegt sein, dass sie den Belastungen durch die großen Schmelzemengen dauerhaft standhalten können. Nach dem Erstarren des Metalls öffnen sich die Formhälften und das Gussteil wird mit Bolzen ausgestoßen oder von einem Roboter entnommen und zur Weiterverarbeitung transportiert.

Hochleistungsstähle

Ein zentrales Thema beim Druckgussverfahren ist die Form. Sie bestimmt die Konturen, die auf das Gussteil übertragen werden müssen, und soll zudem eine möglichst schnelle Erstarrung des Gussteils ermöglichen. Auf diese Weise wird die Ausbildung eines feinkörnigen Gefüges gefördert, was der Gussqualität zugute kommt. Um eine optimale Abkühlung zu erreichen, werden die Formen in bestimmten Teilen gekühlt. Ein weiterer Effekt ist, dass die Produktionszeit verkürzt wird, was wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Die Gestaltung von Druckgusswerkzeugen ist in der Norm DIN 16760-1 [2] beschrieben. Die im Druckgussverfahren eingesetzten Werkzeuge sind zwangsläufig hohen thermischen und mechanischen Belastungen ausgesetzt und müssen diesen dauerhaft standhalten. So erreichen beispielsweise Formen für den Zinkdruckguss Standzeiten von 500.000 bis 2 Millionen Zyklen. Um solche Leistungen zu erreichen, werden die Druckgusswerkzeuge, zu denen neben den oben genannten Formen auch Formeinsätze, Kerne, Schieber und Auswerfer gehören, aus hochfesten Warmarbeitsstählen wie X40CrMoV5-1 (1.2344) oder Sonderwerkstoffen, zum Beispiel Hartmetallen, hergestellt. Eigenschaften, die bei diesen Werkzeugen eine sehr wichtige Rolle spielen, sind hohe Verschleißfestigkeit, hohe Duktilität, hohe Hitzebeständigkeit, hohe Warmriss- und Warmverschleißfestigkeit und gute Wärmeleitfähigkeit. Bei der Auswahl der Werkstoffe müssen deren technologische Eigenschaften, die Konstruktion der Werkzeuge, deren Wärmebehandlung und nicht zuletzt die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Werkzeugen und dem zu gießenden Metall berücksichtigt werden. Hierfür bieten die Hersteller und Lieferanten der entsprechenden Stähle informative Broschüren und Beratungsleistungen an [3].

CAD/CAM-Systeme

Früher wurden Werkzeuge für die Druckgusstechnik anhand von Zeichnungen hergestellt, heute arbeiten Konstrukteure mit 3D-CAD-Daten und nutzen modernste IT-Technologien. Bei der Konstruktion von Gießformen müssen sowohl der Gießprozess - und damit der Schmelzfluss und die Abkühlung - als auch die Geometrie und die Abmessungen der herzustellenden Druckgussteile berücksichtigt werden. Die Gussteile sollen sich durch ein gleichmäßiges, feinkörniges Gefüge, hohe Maßgenauigkeit und Maßhaltigkeit sowie eine hohe Oberflächenqualität auszeichnen. Computergestützte Simulationsrechnungen helfen, die Werkzeuge optimal auf die Druckgussteile abzustimmen. Werkzeug- und Formenbauer setzen CAM-Systeme für die Fertigung ein. CNC-gesteuerte Fräsmaschinen sowie Senk- und Senkerodiermaschinen werden eingesetzt, um die Formkonturen mit hoher Präzision in den Formstoff einzuarbeiten. Die Herstellung der Formen ist sehr komplex und daher teuer.

Die Werkzeugkosten liegen in einer Größenordnung von bis zu 20 % der Gesamtkosten eines Aluminium-Druckgussteils [3]. Für die Produktion von Bauteilen in großen Serien ist dies jedoch ab einer bestimmten Losgröße kostengünstiger als die Herstellung der Teile auf andere Weise, zum Beispiel durch spanende Verfahren. Außerdem ist die Fertigungszeit für jedes Teil kürzer. Ein standardisiertes, zeitsparendes Verfahren zur Auslegung von Druckgusswerkzeugen wurde am Institut für Maschinenkonstruktion der Universität Magdeburg entwickelt [4].

Noch viel Potenziall

Die Konstruktionsvielfalt von Druckgussteilen und die Anforderungen an sie nehmen ständig zu. Damit steigen auch die Anforderungen an die Eigenschaften der für den Druckguss verwendeten Werkzeugstähle und die konstruktive Gestaltung der aus diesen Stählen hergestellten Werkzeuge und Formen. Diese Stähle, die für die Konstruktion und Simulation vorgesehenen Softwareprogramme und die Leistungsfähigkeit der Bearbeitungssysteme unterliegen einer ständigen Weiterentwicklung. Die Themen "Digitalisierung" (Industrie 4.0) und "3D-Druck" gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die Fachmessen tragen diesem Trend Rechnung. Die EUROGUSS widmet diesem Thema mit der Sonderschau "Additive Manufacturing" besondere Aufmerksamkeit. Durch den Einsatz digitaler Technologien können Prozesse effizienter gesteuert und Optimierungspotenziale besser erkannt werden.

Mit 3D-Druckverfahren lassen sich Teile herstellen, die mit konventionellen Verfahren nicht gefertigt werden können, zum Beispiel Einsätze für Druckgussformen mit komplexer Form und integrierten Kühlkanälen, die konturnah und gekrümmt sind. Laut Dr.-Ing. Ioannis Ioannidis, Geschäftsführer des Druckgießmaschinenherstellers Oskar Frech und Vorsitzender des Fachverbandes Gießereimaschinen und Vorstandsmitglied des Fachverbandes Additive Manufacturing im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), liegt in diesem Bereich noch viel Potenzial für den Formenbau: "Das gesamte Wärmemanagement in der Form kann so beeinflusst werden, dass z.B. die Form besser vor Verschleiß geschützt wird und die Qualität des zu gießenden Teils beeinflusst werden kann."[5]

Wie können Gießereien von den vielen Vorteilen der additiven 3D-Druckverfahren profitieren? Innovative Gießereien setzen heute auch eine Kombination aus 3D-gedruckten Kernen und konventionell hergestellten Formen ein, wenn es sich rechnet. Neben dem Druck von Sandformen verwenden immer mehr Gießereien auch Modelle aus dem 3D-Drucker für den Feinguss. Weitere Informationen finden Sie in den Voxeljet-Fallstudien.

Literatur

[1] K. Herfurth, N. Ketscher, M. Köhler: Giessereitechnik kompakt. Werkstoffe, Verfahren, Anwendungen. (Foundry technology compact. Materials, processes, applications. In German) Hrsg. Verein Deutscher Giessereifachleute. Düsseldorf 2013. S. 109 f.

[2] DIN 16760-1: Tools for moulding – Part 1: Machined, undrilled plates. Berlin 2008.

[3] Uddeholm Tool Steels for Die Casting. Hagfors, Sweden 2016, S.16. https://www.uddeholm.com/files/AB_die_casting_eng.pdf

[4] A. Berkau, C. Birke, S.-J. Brockop: Vorgehen zur rechnergestützten Konstruktion von Rapid-Tooling-Werkzeugen am Beispiel eines Druckgießwerkzeuges. (Procedure for the computer-controlled design of rapid tooling tools on the example of a die casting tool in German). in: 5. Magdeburger Maschinenbautage. Magdeburg, September 2001, S. 195-203. http://www.pemos.de/artikelsammlung/beitraege01/bebibr.pdf

[5] Additive Manufacturing bietet Druckgießereien große Chancen. Interview mit Ioannis Ioannidis. (Additive Manufacturing offers die casting foundries great opportunities. Interview with Ioannis Ioannidis. in German). in: Giesserei 11/2017. https://www.giesserei.eu/magazin/interview/2016/interviewioannidis/?L=0zudem

Dieser Artikel wurde zuerst von EUROGUSS veröffentlicht.

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