Klein, groß, filigran, dünn, schnell – Zinkdruckguss ist die Antwort
05.09.2023 Technologien & Prozesse Druckgussprozess Grundlagenwissen

Klein, groß, filigran, dünn, schnell – Zinkdruckguss ist die Antwort

Die Druckgussform schließt sich – und dann wird unter hohem Druck flüssige Schmelze eingefüllt, wobei die komplette technologisch-metallurgische Gestaltung des Bauteils definiert wird. Das alles geschieht innerhalb von 10 bis 20 Millisekunden und ist somit für das menschliche Auge kaum erfassbar – immerhin dauert ein einziger Wimpernschlag stolze 100 Millisekunden. Ganz grob vereinfacht könnte man so den wichtigsten Schritt des Zinkdruckgussprozesses beschreiben.

Prozess zum Zinkdruckguss
Am Ablauf des Zinkdruckgussprozesses hat sich seit Bekanntwerden des Verfahrens Anfang des 20. Jahrhunderts nichts Grundsätzliches verändert hat. Wohlgemerkt: nichts Grundsätzliches. Denn wie jedes Verfahren hat der Zinkdruckguss in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, wie viel Potenzial für Leistungssteigerung und Innovation in ihm steckt. Zinkdruckguss erfüllt verschiedenste Anforderungen. Um bei Bestzeiten und Rekorden zu bleiben: Allein ein größer, schneller und weiter – quasi im Sinne des olympischen Gedankens – sind bei Zinkdruckguss nicht die ausschlaggebenden Kriterien.

„Betrachtet man Anforderungen an heutige Zinkdruckgussprodukte, spielen natürlich eine schnelle Produktion und die Realisierung auch großer Bauteile eine Rolle. Darüber hinaus sind Teile sehr wichtig, die dünnwandig, klein und filigran sind, oft eine hohe Funktionsintegration aufweisen, optisch herausragend und dennoch schnell, effizient und qualitativ hochwertig hergestellt werden. All diese Anforderungen haben den Zinkdruckgussprozess verändert – und können mit ihm realisiert werden. Hierfür stehen moderne Druckgießmaschinen, aber auch innovative Verfahrenstechniken“, erklärt Dr. Norbert Erhard, ehemals Geschäftsführer der Oskar Frech GmbH & Co. KG, deren Geschäftsfelder sich von der Herstellung von Warmkammer- und Kaltkammer-Druckgießmaschinen über die Werkzeugtechnologie bis zur Automatisierung von Druckgießzellen erstrecken.

Strenge Maßstäbe beim Zinkdruckguss

Strenge Maßstäbe von Werkzeugbau bis Fertigung Mensch, Werkzeug, Material, Maschine und Prozess: Diese fünf Kriterien bilden das Erfolgsteam für einen leistungs- und innovationsstarken Zinkdruckguss. Damit Zinkdruckgussteile perfekt in ihren jeweiligen Anwendungsbereich integriert werden können, gelten vom Werkzeugbau bis zur Fertigung strenge Maßstäbe. Verwendeter Werkstoff, Schrumpfung des Druckteils, konstruktive Auslegung der Form, Prozessstabilität. Viele Parameter werden berücksichtigt, damit am Ende das Ergebnis stimmt und eine spätere Nachbearbeitung unnötig ist.
Die Qualität eines Bauteils entsteht zu 60 bis 70 Prozent im Werkzeug. Eine intelligente Bauteilkonstruktion, die sicherstellt, dass mit maximaler Präzision und höchster Qualität anspruchsvolle Geometrien gegossen werden können. Dafür ist das Know-how von Spezialisten in Engineering und Konstruktion gefragt – der Mensch steht im Mittelpunkt des gesamten Prozesses. 
Dr. Frank Kirkorowicz, Geschäftsführer der Adolf Föhl GmbH + Co KG

Legierungen für dünnwandige Auslegungen

Stichwort „Material“: In der Praxis haben sich vor allem die Legierungen ZL 0400, ZL 0410 und ZL 0430 durchgesetzt. Ihre Basis bildet Feinzink mit einer Reinheit von 99,995 Prozent Zink. Aluminium, Kupfer und Magnesium sind weitere Bestandteile, die erheblich das Eigenschaftsprofil der Legierungen beeinflussen. Kupfer verbessert die Zugfestigkeit und Härte, Magnesium verhindert interkristalline Korrosion und Aluminium begünstigt die Verarbeitbarkeit des Zinks sowie die wichtigsten Gebrauchseigenschaften, also Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Schlagbiegezähigkeit.

„Dass im Zinkdruckguss überwiegend mit nur drei Legierungen gearbeitet wird, ist natürlich sehr komfortabel“, so Kirkorowicz, „allerdings sind durch optimierte Legierungen mehr Anwendungen möglich – besonders wenn man an den Elektronikbereich denkt, für den Bauteile wesentlich dünnwandiger ausgelegt sein müssen.“ 

Hier kommen sogenannte High-Fluidity-Legierungen zum Einsatz, die speziell für den Dünnwandguss entwickelt wurden und die die gleichen guten mechanischen, elektrischen und wärmeleittechnischen Eigenschaften wie klassische Legierungen aufweisen, aber bis zu 40 Prozent fließfähiger sind.
Waren in den 1990er-Jahren noch Wandstärken von 1,5 mm State of the Art, ist heute durch Prozessoptimierungen serienmäßig eine Dicke von 0,5 mm realisierbar. Doch auch hier geht die Entwicklung immer weiter, sodass bereits 0,3 mm oder sogar 0,2 mm technologisch umsetzbar sind.
Dr. Norbert Erhard, ehemals Geschäftsführer der Oskar Frech GmbH & Co. KG

Weitere Entwicklungsmöglichkeiten: Additive Manufacturing

Effizienz und Innovation in der Maschinen- und Prozesstechnik, das sind weitere zentrale Themen, wenn es um Leistungssteigerung im Zinkdruckguss geht. Formenfüll- und Erstarrungssimulationen gestalten noch vor dem Werkzeugbau aus einer Idee eine seriennahe Vorstufe. Damit ist die Einschätzung möglich, wie sich das gegossene Produkt verhalten wird – verschiedene Variablen wie Temperatur und Luftstand werden dabei berücksichtigt.

Für die Prototypenerstellung wird immer mehr auf 3D-Druck mit feinem Zinkpulver gesetzt. Im Bereich kleiner Stückzahlen ist der Schritt vom Rapid Prototyping zum Additive Manufacturing bereits gelungen. Letzteres zeigt dort seine Stärken, wo ein hohes Maß an Designfreiheit, Funktionsoptimierung und -integration bei höchst komplexen Strukturen mit extremer Leichtigkeit und Stabilität gefordert ist.

Moderne Maschinen für genaue Wiederholbarkeit

Und die Druckgießmaschine an sich? Kirkorowicz: „Die Druckgussmaschinen sind heute einfacher und präziser zu bedienen und stellen eine genaue Wiederholbarkeit der Prozesse sicher. Steuerung, Überwachung und Visualisierung der Druckgießmaschinen haben sich enorm entwickelt – beispielsweise über Sensoren im Werkzeug, die Rückschlüsse auf die konturnahe Fertigung gewährleisten. Meilensteine sind das angussarme/-lose Gießen und die Echtzeitregelung, die ein gezieltes Abbremsen bei gleichzeitig geringster Formfüllzeit ermöglichen. Dass Maschinen sich mithilfe von Algorithmen wieder selbst justieren, ist zwar noch ein kleiner Blick in die Zukunft, aber das wird in absehbarer Zeit möglich sein.“

Erhard ergänzt: „Druckgussmaschinen müssen heute mehr können als einfach nur Gießen. Wichtig ist beispielsweise auch, Ressourcen zu minimieren. So kann man durch das Vermeiden von Angüssen an zwei Stellen gleichzeitig sparen: Einmal wird weniger Material beim Druckgießen des Produkts benötigt und zum anderen fällt weniger bis gar kein Material beim Recycling an, da es kaum oder keine Gießreste mehr gibt. Das wiederum macht sich in einer deutlichen Produktivitätssteigerung und im Energieeinsatz mit entsprechender Einsparung von CO2 bemerkbar.“
Zinkprodukt

Größer, kleiner, filigraner, dünner, schneller produziert

Zinkdruckguss kann in all diesen Disziplinen punkten – und im übertragenen Sinn Podiumsplätze erklimmen. Heute und in der Zukunft. Die Liste bereits existierender und künftig möglicher Anwendungsbereiche ist lang. Allein ein Blick auf die Automobilindustrie zeigt: Der Anteil von Zinkdruckgussprodukten im Auto ist in Europa zwar leicht zurückgegangen, dem Gegenüber steht aber nahezu eine Verdoppelung der Menge an Bauteilen aus Zinkdruckguss.
Ein stark wachsender Markt ist auch die Elektronikbranche – ganz egal, ob man dabei an intelligente Lösungen für das eigene Zuhause oder an das Elektroauto denkt jeder Kleinwagen hat heute mehr Steuergeräte und Kommunikationsschnittstellen als Oberklassefahrzeuge vor zehn Jahren und auch die Smart Home gewinnt immer mehr an Bedeutung – hier gewinnt Zinkdruckguss generell an Bedeutung.

Eine Einschätzung, die Kirkorowicz teilt: „In den Bereichen E-Mobilität und Smart Home zählen Sicherheit und Vernetzbarkeit. Einzelne Teile werden immer kleiner und präziser. Zinkdruckguss kann hier punkten – besonders wenn es wie in diesen Bereichen um hohe Stückzahlen geht – und wird immer häufiger das Produktionsverfahren erster Wahl.“ Das natürliche Element Zink mit seinem Recyclingpotential und dem geringen Energiebedarf im Schmelzprozess ist für diese zukünftigen Entwicklungen und Anforderungen eine perfekte Basis.
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