„Unser Ziel ist es, künftig für Strom keinen Cent mehr auszugeben.“
13.12.2022 Nachhaltigkeit & CO2-Neutralität Interview

„Unser Ziel ist es, künftig für Strom keinen Cent mehr auszugeben.“

Als Anbieter von Druckgusstechnologien ist die Oskar Frech GmbH + Co. KG in einem energieintensiven Umfeld aktiv. Dank Effizienzverbesserungen und nachhaltiger Planung konnte der Hidden Champion seinen Energieverbrauch drastisch reduzieren. Die Geschäftsführung erklärt im Interview, wie die Transformation gelang und welche Rolle Lean Management beim grünen Wandel spielt.

2015 initiierten Sie einen ersten Energie-Audit bei Oskar Frech, ein Jahr später starteten Sie mit Staufen ein Lean-Projekt. Seitdem verknüpfen Sie Nachhaltigkeit und Prozessoptimierung konsequent. Eine auch finanziell erfolgreiche Kombination?

Es rechnet sich in mehrfacher Hinsicht. Noch vor wenigen Jahren stießen wir mit unseren drei Werken jedes Jahr rund 2.800 Tonnen Treibhausgase aus. Jetzt sind unsere Emissionen bei null. Gleichzeitig fielen unsere Stromkosten von rund einer Million Euro jährlich auf jetzt 650.000 Euro, allerdings bei deutlich höheren Kosten pro Kilowattstunde. Auf das aktuelle Preisniveau hochgerechnet würde unsere Stromrechnung heute pro Jahr bei 2,5 Millionen Euro liegen. Dank Blockheizkraftwerk, PV-Anlagen, energetischer Sanierungen, einer optimierten Produktion und kleinerer Einsparungen wie die Umstellung auf LED-Leuchtkörper konnten wir die eingekaufte Strommenge deutlich reduzieren. Außerdem beziehen wir seit 2020 CO2-neutralen Strom. Damit produzieren wir jetzt in Scope 1 und Scope 2 bereits klimaneutral, bis 2030 wollen wir diese Marke auch in Scope 3 erreichen, also inklusive der indirekten Emissionen aus der Lieferkette.

Viele Unternehmen planen weitreichende Nachhaltigkeitsprojekte, aber die Staufen-Studie „Green Transformation im Maschinen- und Anlagenbau“ zeigt: Nur jeder dritte Betrieb kriegt es auch hin. Wie gelingt Ihnen die Umsetzung?

Am Anfang stand ein Energie-Audit, um zu wissen, wo wir stehen und welchen Entwicklungsbedarf wir haben. Auf dieser Basis haben wir dann ein kleines Energiemanagement-Team gegründet und ausgebaut, mit Manager*innen, Bereichsleiter*innen und ausführenden Stellen. Zunächst galt es also, Informationen zu sammeln und Potenziale offenzulegen. Dafür holten wir beispielsweise die Azubis als „Energiescouts“ mit ins Boot. Sie nahmen unter anderem Druckluftmessungen vor und zeigten auf, wo Leckagen waren. Die Liste haben wir dann Stück für Stück abgearbeitet. Das waren nur kleine Anfänge, es ersparte uns aber bereits 100.000 Euro pro Jahr. Und ein größeres Projekt aus jüngerer Zeit ist ein Blockheizkraftwerk, das sich bereits innerhalb von zwei Jahren rentiert hat. Gleichzeitig haben wir zwei Elektro-Smarts für die Fahrten zwischen den Werken gekauft.

 

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Wie fügt sich das Lean-Projekt, das Sie 2016 mit Staufen gestartet haben, in die Nachhaltigkeitsbemühungen ein?

Wir agieren immer mit drei Stoßrichtungen: Lean, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Wenn wir zum Beispiel feststellen, dass bei der Herstellung eines Gießaggregats der Takt im Arbeitsprozess nicht stimmt, versuchen wir zuerst über die Lean-Schiene die Effizienz zu steigern. Im nächsten Schritt nutzen wir digitale Werkzeuge. Und schließlich verknüpfen wir konstruktive und Entwicklungstätigkeiten mit dem Thema Nachhaltigkeit. Aber für uns als Unternehmen ist nicht nur die eigene Produktion relevant, wichtig sind auch die Schritte dahinter: von einer energieeffizienten Nutzung bis zum Recycling. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr ein Unternehmen gekauft, um künftig zum Beispiel Aluminiumfelgen, die auf unseren Maschinen produziert wurden, wieder in den Wertstoffkreislauf einspeisen zu können.

Ist Recycling ein neues Geschäftsmodell für Oskar Frech? 

Was unsere Kernprodukte anbelangt, war Recycling und Refurbishing schon immer ein Thema. In unseren Werken werden auch Gebrauchtmaschinen überholt und überarbeitet. Das lohnt sich, weil die Lebensdauer unserer Maschinen sehr lang ist. Wenn wir also auf dem Gebrauchtmarkt eine Frech-Maschine bekommen können, dann nehmen wir sie gerne und bieten sie dann als Refurbished-Anlage wieder zum Verkauf an. Gerade kleinere Kunden, für die eine neue Maschine noch zu teuer ist, können mit einer Gebrauchtmaschine sofort eine qualitativ hochwertige Produktionsanlage in Betrieb nehmen.

Wie binden Sie Ihre Zulieferer in Sachen ESG ein? 

Als Unternehmen tragen wir Verantwortung. Deshalb haben wir 2018 einen für die gesamte Frech-Gruppe weltweit gültigen Verhaltenskodex (Corporate Social Responsibility) mit den Themen Mensch, Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Energie aufgestellt. Außerdem kommunizieren wir sehr klar an unsere Lieferanten, was unsere Vorstellungen sind und wo unsere Reise hinführt, und verlangen entsprechende Selbstauskünfte. Angefangen haben wir mit den großen Zulieferern, jetzt sind wir bei den kleineren Unternehmen in der Supply Chain angelangt und haben bereits von 140 Lieferanten unterschriebene Selbstauskünfte bekommen.

Sind Mittelständler aufgrund ihrer Firmen- und Eigentümerstruktur generell die nachhaltigeren Unternehmen? 

Schauen Sie, wir sind in der Druckgusstechnologie unterwegs, einer Branche mit hoher Energielast. Energieeffizienz an der Maschine spielte für uns deshalb schon immer eine große Rolle. Zusätzlich denken wir als Mittelständler und Familienunternehmen auch immer generationenübergreifend – von Oskar Frech auf Wolfgang Frech und jetzt zu seinen Enkeln. Familienunternehmer wollen die bestmöglichen Lebensbedingungen hinterlassen und bringen eine regionale Verankerung mit. Ein hohes ökologisches Bewusstsein ist da in der Unternehmensphilosophie verankert. Welche „grünen Projekte“ wollen Sie als Nächstes umsetzen? Wir planen aktuell ein Zentrallager, das Ende 2023 fertig sein soll, mit Begrünung und PV-Anlage. Dies soll bereits ohne fossile Energieträger gebaut werden (KfW 40) und auch das Verwaltungsgebäude nachhaltig heizen. Unser Ziel ist es, künftig für Strom keinen Cent mehr auszugeben. Das ist ein großes Ziel, aber wir müssen uns so weit vorwagen, damit auch unsere Kunden sehen, was möglich ist.

 

Quelle: staufen magazine 2022 | No. 5